Elsternplage - gibt es Abhilfe?

Diskutiere Elsternplage - gibt es Abhilfe? im Forum sonstige Vogelarten im Bereich Wildvögel - Hallo, ich habe ein Problem. Seit diesem Jahr herrscht hier eine Elsternplage! Bisher hatten wir ein Paar, es gab keine Probleme, sie gehören...
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tierfreund1963

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Hallo,

ich habe ein Problem. Seit diesem Jahr herrscht hier eine Elsternplage! Bisher hatten wir ein Paar, es gab keine Probleme, sie gehören schließlich in die Natur. Jetzt belagern uns hier auf engstem Raum bis zu 8!!! Vögel. Das ist kein natürliches Gleichgewicht mehr - die Singvögel/Gartenvögel werden permanent attakiert. Es gibt keine Amseln, Gartenrotschwänze, Meisen ... mehr. Nur ein paar Sperlinge und Stare sind noch vorort und die stehen unter Dauerstress. Die Nistkästen werden direkt und immer wieder aufgesucht, Altvögel mit Futter für die Jungen werden angegriffen ... Wenn es dann die Höhlenbrüter doch geschafft haben, flügge zu werden, fallen die Jungvögel nach Verlassen der Nistkästen den Elstern zum Opfer - heute früh erst wieder einer, ich kam zu spät.

Ihr dürft mich nicht falsch verstehen. Ich finde Elstern wunderschöne, interessante Vögel. Sie haben ihren Platz in der Natur und es gehört auch dazu, dass sie eben auch Gelege, Jungvögel etc. räubern. Aber hier stimmt doch etwas mit dem natürlichen Gleichgewicht nicht, wenn die anderen Vogelarten dadurch gefährdet sind ...

Meine Frage: Gibt es irgendwelche - natürlich für die Elstern unschädliche - Möglichkeiten, die Elstern fernzuhalten bzw. zu "überzeugen", sich auf ein größeres Gebiet auszuweiten?

Diverse Anfragen meinerseits bei verschiedenen Vogelschutzverbänden blieben bisher ohne Reaktion. Ich glaube, sie belächeln nur die "bekloppte Alte", die die oben erwähnen Beobachtungen macht ...

Vielleicht hat hier jemand einen Rat für mich ..

LG
 
Hallo,

Ich denke daß sich dieses Problem zwar nicht direkt lösen lassen wird, es im nächsten Jahr aber anders aussehen wird.
Bei so vielen Elstern werden wohl etliche den kommenden Winter nicht überstehen und die Population wird sich verringern. Ich denke daß die Natur das von ganz alleine regeln kann.
 
Hallo!

Letztes Jahr war es ein Paar, welches dieses Jahr das Revier nicht mehr inne haben wird, wie es scheint. Stattdessen haben es acht Nichtbrüter, also ein Junggesellenverband, annektiert, was ganz und gar im Rahmen des natürlichen Gleichgewichtes liegt, solche Populationsreserven sind gang und gäbe, aus ihnen bilden sich neue Paare, verpaaren sich einzelne Vögel mit verwitweten Altvögeln, alles ganz normal.
Das es dies Jahr eben eure Gegend erwischt hat, naja, kommt vor...
Man darf aber auch den wichtigen Aspekt nicht außer Acht lassen, daß quasi der Rabenvogel nicht nur des Klein- Singvogels, sondern auch des anderen Rabenvogels Beelzebub ist!
Will heißen, diese Nichtbrüter- Gang wird in angrenzenden Elsternbrutrevieren durch Eierraub/ ständige Beunruhigung der Altvögel dafür sorgen, daß deren Bruterfolg nicht optimal ist, und somit einer wirklichen Elsternüberpopulation den Riegel vorschieben...

In einer dynamischen Vogelpopulation, die den verfügbaren Lebensraum voll ausnutzt, ist es eher so, daß bei einer hohen Zahl Vögel, die um die begrenzten Ressourcen konkurrieren, der Nachzuchterfolg spürbar geringer ist, als bei einer niedrigen Zahl Vögel. Das ist bei Schwänen so, bei Gänsen so, bei Singvögeln so...
Nicht umsonst verhungern jährlich zB ganze Meisengelege kurz vor dem Ausfliegen. Grund: Die durch Winterfütterung permanent hohe Zahl an Meisen, die dann natürlich auch fast alle zur Brut schreiten. Solange die Jungen noch klein sind, klappt die Futterversorgung gut, doch unmittelbar vor dem Ausfliegen der Jungen muß die Futtermenge enorm erhöht werden, und presto, verhungert je nach Siedlungsdichte der Meisen die halbe oder auch mal die ganze Brut, während in nur gering mit Meisen besiedeltem Areal die Ausflugsrate der flüggen Jungvögel um vieles höher ist.

Dito die Elstern...
Bei geringer Siedlungsdichte zieht das Paar seine 5- 6 Jungvögel auf, wovon vielleicht 3- 4 die Fortpflanzungsfähigkeit erreichen. Bei hoher Siedlungsdichte hingegen werden pro Paar, bedingt durch die hohe Konkurrenz der eigenen Art und auch durch den Druck anderer Rabenvögel, nur 2- 4 Junge flügge, von denen 0- 2 fortpflanzungsfähig werden.
Die Zahl bleibt, wenn sie die optimale Höhe erreicht hat, also relativ gleich, und es ist ein nur objektiver Eindruck, daß die Zahl der etwa Elstern ins unermessliche klettert, wenn etwa des Sommers ein Nichtbrüter- Verein von größerer Kopfstärke ein gewisses Gebiet kontrolliert.

Ein ähnliches Beispiel gibt es dies Jahr besonders auffällig in Berlin, finde ich.
Dort ist quasi jedes geeignete Gebiet Nebelkrähenrevier, so kenne ich im 2 km- Halbumkreis der Wohnung meiner Freundin 6 Nebelkrähenreviere, wozu noch eine Gruppe von ca. 20 Nichtbrütern kommt.
Nun bin ich äußerst gespannt, was die einzelnen Paare dies Jahr an Nachzucht bringen. Letztes Jahr standen 5 Paare zu Bericht, und nur 2 Paare brachten insgesamt ganze 5 (!) ausgeflogene Jungvögel, die bei geringer Siedlungsdichte ein Paar alleine hochgebracht hätte... Die erfolglosen Paare gaben die Brut aufgrund der hohen Konkurrenz durch andere Nebelkrähen auf, und ganz genau dasselbe Prinzip greift auch bei den Elstern.
Die größere Gruppe ist nur eine lokale Erscheinung, die zu einer dynamischen Population dazu gehört.
Und mögen die jetzt viele Jungvögel metzeln, so werden doch später im Jahr die Reviere der kleinen Singvögel durch Zuwanderer wieder aufgefüllt, was wiederum der Populationsreserve derer entspringt, und das ist ja auch der Sinn einer solchen, geeignete Lebensräume umgehend (wieder) zu besiedeln...

Grüße, Andreas
 
Vielen Dank für die prima Erklärung, Andreas.

Für Berlin wäre noch zu ergänzen, daß dort seit einigen Jahren sogar drei Amselbruten zu beobachten sind, wenn die ersten beiden Toalverluste waren. Die Amseln wandern auch bei regelmäßigen Verlusten durch Katzen, Verkehr, etc. nicht etwa in das erheblich amselgeeignetere Randgebiet des Grunewalds oder andere, örtlich fast immer verfügbare ungestörte Grünflächen ab, sondern schieben lieber eine Brut nach.

Jungvogelverluste liegen ja generell bei 50 %, bei Krähen um die 70 % im ersten und zweiten Jahr. Bei "Plagen" stellt man daher regelmäßig fest, daß lediglich, wie Andreas schreibt, ein Brutpaar im Umfeld verschwunden ist, das zuvor das Revier freigehalten hat. Solche Verschiebungen hat man regelmäßig besonders da, wo im Herbst Paarvögel weggeschossen werden.

Elstern waren vor nicht allzu langer Zeit reine Feld(rand)vögel. Aus diesem Grund begrüße ich, wenn sich jemand fragt, wie es in Siedlungsgebieten zu "Plagen" kommen kann. In der Stadt sah man früher so gut wie keine Elster. Es ist allein unsere Entscheidung, was wir auf die Felder einbringen und - von dort kaufen. Wenn sich das wieder ändert, kehren auch die Elstern auf die Felder zurück.
 
@Andreas

Danke dir für diese Super Erläuterung, sachlich und fundiert, so hat man es gerne! :zustimm:Verwaistes Brutrevier, da wird natürlich drum gekabbelt, und für die kommende Zeit neu gemischt! Unsere nähere Quartierumgebung ist zur Zeit von einem Elsternpaar (mit Nest in einem hohen Baum) besiedelt, hoffentlich bleibt das noch eine Weile so! Habe aber wieder etwas dazugelernt. Immer wieder: Je mehr ich mich mit der Natur und ihre (wenigstens für mich) ersichtlichen Zusammenhänge beschäftige, umso spannender wird das Ganze!

Sonnige (?) Grüsse aus der Schweiz
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo,

vielen Dank für die ausführliche und sachliche Darstellung :beifall:. Man lernt eben nie aus. Ich werde mal schauen, wie sich das entwickelt - wird schon schief gehen :zustimm:. Also nochmals daaanke ...

LG
 
Thema: Elsternplage - gibt es Abhilfe?

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