Peregrinus
Peregrinus
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Hallo,
ich will hier mal ein meiner Kenntnis nach bisher nicht dagewesenes Thema eröffnen: Greifvögel und Falken in „alter“ Literatur.
„Alter“ bewusst in Anführungszeichen gesetzt, weil vielleicht die Bücher älter werden, viele Bereiche des Inhalts jedoch nicht veralten können. In solchen Büchern finde ich immer wieder Dinge, die man in keinem neuen Buch mehr finden kann. Es ist so manche interessante Beobachtung drin, die man selbst schon gemacht hat, aber nirgendwo etwas drüber findet. Eigentlich schade. Vielleicht waren die Leute früher bessere Beobachter als heute – sie waren öfters draußen (arbeitsbedingt). Sie hatten keine Ferngläser, hatten also mehr das Gesamtbild im Auge und konnten mehr auf Bewegungsmuster und Verhalten achten, während man mit dem Fernglas mehr auf die Details des Vogels selbst achtet. Sie hatten keine Kamera und beobachteten deshalb eher. Und sie schrieben ihre Beobachtungen nieder, während das Augenmerk heutzutage mehr den Fakten gilt.
Über viele Dinge schmunzeln wir heutzutage, insbesondere über das Zuweisen menschlicher Attribute. Selbstverständlich sind Vermenschlichungen grundsätzlich unangebracht, aber manchmal helfen sie eben doch, das Wesen eines Vogels besser verstehen zu können.
Insbesondere erstaunen uns heutzutage jedoch die Berichte über die Schädlichkeit der Greifvögel und Falken.
Ich mach einfach mal den Anfang und hoffe auf reichlich Kommentare und weitere alte Quellen!
Ludwig Frhr. v. Besserer, Unsere Raubvögel (1926)
Hühnerhabicht:
Der Hühnerhabicht ist unbestritten unser gefährlichster Raubvogel. Seine Fähigkeit, seine Beute in allen Lagen, im Fliegen, Laufen und Sitzen in der freien Ebene, wie in Wald und Busch zu schlagen, seine Kraft und Gewandtheit, seine List und Verschlagenheit sowie seine Raubgier stempeln ihn tatsächlich zu einer Geisel der Niederjagd, zu einem Schädiger des Geflügelhalters, so dass der Nutzen, den er durch seine Verfolgung der Krähen, Elstern und Häher usw. stiftet, allerdings erheblich zusammenschrumpft. Dennoch möchte ich aber seiner Ausrottung dringend widerraten, da auch er zur Erhaltung des Gleichgewichts in der Natur beiträgt.
O. v. Riesenthal, Die Raubvögel Deutschlands und des angrenzenden Mittel-Europas (1894):
Hühnerhabicht, Astur palumbarius:
Der Hühnerhabicht ist die schlimmste Geissel der kleinen Thierwelt, vom Rehkälbchen und Hasen, vom Fasan und Rebhuhn abwärts. Niemals sich hoch aufschwingend, stürmt er aus einem Hinterhalt mit schwirrendem, wenig gehobenen Flügelschlag einher und schlägt die Taube, seine Lieblingsbeute, schräg von der Seite; ob sie Rettung im Holz oder Gestrüpp sucht, ist gleichgültig, er folgt ihr dahin nach, im Gegensatz zum Falken. Unbewachtse Geflügelhöfe raubt er gänzlich aus. Der Niederjagd gefährlichster Feind, verödet er ganze Jagdreviere und muss daher unablässig verfolgt werden.
Rohrweihe:
Möge sie im Nothfalle auch einige Mäuse und Amphibien fangen, so fällt dies ihrer grossen Schädlichkeit der Vogelwelt gegenüber nicht ins Gewicht und sie muss daher unablässig verfolgt werden, was durch Aufsuchen und Vernichten ihrer Brut am besten auszuführen ist.
Wiesenweihe:
Die Wiesenweihe lebt am meisten unter ihren Verwandten von Insekten und räumt besonders unter den Heuschrecken erheblich auf; dennoch ist auch sie Nest- und überhaupt Vogelräuberin und besonderer Schonung nicht werth. Sie fliegt noch bis in die Nacht hinein und ist von den unruhigen Weihen die beweglichste.
Kornweihe:
Die Jungen werden mit Insekten, Mäusen, Fröschchen, besonders aber mit jungen Vögeln gefüttert und was die Rohrweihe in den Sümpfen verbricht, thut diese auf den Feldern: sie verfolgt die jungen Rebhühnervölkchen unablässig; hat sich ein solche versteckt, so rüttelt sie über der Stelle, stösst auch hier und da herunter, um die Hühnchen zu Bewegungen zu verleiten und mag der Hahn den Räuber auch muthig bekämpfen, so versteht dieser doch, seinen Zweck zu erreichen. Ebenso geht es den jungen Häschen. Allerdings vertilgt die Kornweihe viele Mäuse, gleichwohl ist sie erheblich mehr schädlich als nützlich und vom Standpunkt des Vogelfreundes und Jägers nicht zu dulden. Den Eiern geht sie, wie die Rohrweihe mit Passion nach.
Weisschwänziger Seeadler:
Der Seeadler schlägt alle Thiere, die er bewältigen kann, ist ein geschickter Fischfänger und jagt auch gern dem Fischadler dessen Beute ab; an Aas geht er mit Vorliebe. Ein überaus starker und muthiger Vogel, ist er auf den nordischen Inseln den Schafherden gefährlich, wie im Binnenlande dem Wildstande, sodass er verfolgt werden muss.
Stein- oder Goldadler, Aquila fulva oder chrysaetos
Das Auge ist röthlich und färbt sich im Zorn blutroth.
...
Der Stein- oder Goldadler ist der Schrecken und die Geissel der Thierwelt in seinem Bereich; mit ausserordentlicher Schnelligkeit und Gewalt stösst er auf seinen Raub, schlägt ihn mit den Krallen und Flügeln und kröpft schon an dem zerfleischten Thier, ehe es ganz verendet ist; Gemsen, Rehe, Murmelthiere, Kaninchen, Schwäne, Trappen, Enten und kleinere Thiere unterliegen seiner Gewalt; wenn er seine schrill pfeifende Stimme ertönen lässt, sucht alles Gethier sich zu verbergen: die Gemsen drängen ihre Kitzchen unter schützende Felsüberhänge, Kaninchen und Murmelthiere fahren in den Bau und Schwimmvögel tauchen unter. Fliegende Vögel jagt der Adler umher, bis sie vor Ermattung ihm verfallen. Seine der Jagd grosse Gefährlichkeit ergibt sich hieraus von selbst.
VG
Pere
ich will hier mal ein meiner Kenntnis nach bisher nicht dagewesenes Thema eröffnen: Greifvögel und Falken in „alter“ Literatur.
„Alter“ bewusst in Anführungszeichen gesetzt, weil vielleicht die Bücher älter werden, viele Bereiche des Inhalts jedoch nicht veralten können. In solchen Büchern finde ich immer wieder Dinge, die man in keinem neuen Buch mehr finden kann. Es ist so manche interessante Beobachtung drin, die man selbst schon gemacht hat, aber nirgendwo etwas drüber findet. Eigentlich schade. Vielleicht waren die Leute früher bessere Beobachter als heute – sie waren öfters draußen (arbeitsbedingt). Sie hatten keine Ferngläser, hatten also mehr das Gesamtbild im Auge und konnten mehr auf Bewegungsmuster und Verhalten achten, während man mit dem Fernglas mehr auf die Details des Vogels selbst achtet. Sie hatten keine Kamera und beobachteten deshalb eher. Und sie schrieben ihre Beobachtungen nieder, während das Augenmerk heutzutage mehr den Fakten gilt.
Über viele Dinge schmunzeln wir heutzutage, insbesondere über das Zuweisen menschlicher Attribute. Selbstverständlich sind Vermenschlichungen grundsätzlich unangebracht, aber manchmal helfen sie eben doch, das Wesen eines Vogels besser verstehen zu können.
Insbesondere erstaunen uns heutzutage jedoch die Berichte über die Schädlichkeit der Greifvögel und Falken.
Ich mach einfach mal den Anfang und hoffe auf reichlich Kommentare und weitere alte Quellen!
Ludwig Frhr. v. Besserer, Unsere Raubvögel (1926)
Hühnerhabicht:
Der Hühnerhabicht ist unbestritten unser gefährlichster Raubvogel. Seine Fähigkeit, seine Beute in allen Lagen, im Fliegen, Laufen und Sitzen in der freien Ebene, wie in Wald und Busch zu schlagen, seine Kraft und Gewandtheit, seine List und Verschlagenheit sowie seine Raubgier stempeln ihn tatsächlich zu einer Geisel der Niederjagd, zu einem Schädiger des Geflügelhalters, so dass der Nutzen, den er durch seine Verfolgung der Krähen, Elstern und Häher usw. stiftet, allerdings erheblich zusammenschrumpft. Dennoch möchte ich aber seiner Ausrottung dringend widerraten, da auch er zur Erhaltung des Gleichgewichts in der Natur beiträgt.
O. v. Riesenthal, Die Raubvögel Deutschlands und des angrenzenden Mittel-Europas (1894):
Hühnerhabicht, Astur palumbarius:
Der Hühnerhabicht ist die schlimmste Geissel der kleinen Thierwelt, vom Rehkälbchen und Hasen, vom Fasan und Rebhuhn abwärts. Niemals sich hoch aufschwingend, stürmt er aus einem Hinterhalt mit schwirrendem, wenig gehobenen Flügelschlag einher und schlägt die Taube, seine Lieblingsbeute, schräg von der Seite; ob sie Rettung im Holz oder Gestrüpp sucht, ist gleichgültig, er folgt ihr dahin nach, im Gegensatz zum Falken. Unbewachtse Geflügelhöfe raubt er gänzlich aus. Der Niederjagd gefährlichster Feind, verödet er ganze Jagdreviere und muss daher unablässig verfolgt werden.
Rohrweihe:
Möge sie im Nothfalle auch einige Mäuse und Amphibien fangen, so fällt dies ihrer grossen Schädlichkeit der Vogelwelt gegenüber nicht ins Gewicht und sie muss daher unablässig verfolgt werden, was durch Aufsuchen und Vernichten ihrer Brut am besten auszuführen ist.
Wiesenweihe:
Die Wiesenweihe lebt am meisten unter ihren Verwandten von Insekten und räumt besonders unter den Heuschrecken erheblich auf; dennoch ist auch sie Nest- und überhaupt Vogelräuberin und besonderer Schonung nicht werth. Sie fliegt noch bis in die Nacht hinein und ist von den unruhigen Weihen die beweglichste.
Kornweihe:
Die Jungen werden mit Insekten, Mäusen, Fröschchen, besonders aber mit jungen Vögeln gefüttert und was die Rohrweihe in den Sümpfen verbricht, thut diese auf den Feldern: sie verfolgt die jungen Rebhühnervölkchen unablässig; hat sich ein solche versteckt, so rüttelt sie über der Stelle, stösst auch hier und da herunter, um die Hühnchen zu Bewegungen zu verleiten und mag der Hahn den Räuber auch muthig bekämpfen, so versteht dieser doch, seinen Zweck zu erreichen. Ebenso geht es den jungen Häschen. Allerdings vertilgt die Kornweihe viele Mäuse, gleichwohl ist sie erheblich mehr schädlich als nützlich und vom Standpunkt des Vogelfreundes und Jägers nicht zu dulden. Den Eiern geht sie, wie die Rohrweihe mit Passion nach.
Weisschwänziger Seeadler:
Der Seeadler schlägt alle Thiere, die er bewältigen kann, ist ein geschickter Fischfänger und jagt auch gern dem Fischadler dessen Beute ab; an Aas geht er mit Vorliebe. Ein überaus starker und muthiger Vogel, ist er auf den nordischen Inseln den Schafherden gefährlich, wie im Binnenlande dem Wildstande, sodass er verfolgt werden muss.
Stein- oder Goldadler, Aquila fulva oder chrysaetos
Das Auge ist röthlich und färbt sich im Zorn blutroth.
...
Der Stein- oder Goldadler ist der Schrecken und die Geissel der Thierwelt in seinem Bereich; mit ausserordentlicher Schnelligkeit und Gewalt stösst er auf seinen Raub, schlägt ihn mit den Krallen und Flügeln und kröpft schon an dem zerfleischten Thier, ehe es ganz verendet ist; Gemsen, Rehe, Murmelthiere, Kaninchen, Schwäne, Trappen, Enten und kleinere Thiere unterliegen seiner Gewalt; wenn er seine schrill pfeifende Stimme ertönen lässt, sucht alles Gethier sich zu verbergen: die Gemsen drängen ihre Kitzchen unter schützende Felsüberhänge, Kaninchen und Murmelthiere fahren in den Bau und Schwimmvögel tauchen unter. Fliegende Vögel jagt der Adler umher, bis sie vor Ermattung ihm verfallen. Seine der Jagd grosse Gefährlichkeit ergibt sich hieraus von selbst.
VG
Pere