Zur Zeit werden wieder Millionen Brieftauben auf Zwangsreise geschickt. An die Hunderttausend verfliegen sich pro Jahr.
Zu finden sind sie in den Parkanlagen der Innenstädte, in Gärten und auf Balkonen: halb tot vor Erschöpfung !
Es sind unter anderem die verflogenen Brieftauben, die zu dem Problem der wachsenden Stadttaubenpopulationen geführt haben. Diese werden dann von den Kommunen bekämpft, statt dass man der Zucht und dem Brieftaubensport den Riegel vorschiebt !
Landestierschutzverband fordert behördlich kontrollierte Nachweise über nicht zurück gekehrte Brieftauben, Zahlung von Abgaben für diese Tiere und langfristig ein generelles Verbot des Brieftaubensports über große Distanzen.
Völlig erschöpfte Tauben fallen gegenwärtig in den Innenstädten ins Auge. Sie sitzen in Gebäudenischen, auf Balkonen und in den Grünanlagen. Und es handelt sich in vielen Fällen nicht um kranke Stadttauben. Denn die Tiere sind beringt, stammen also aus Brieftaubenzuchten. Millionen Tauben werden gerade jetzt wieder von ihren Züchtern auf einen erzwungenen Langstreckenflug geschickt. Etwa 100.000 von ihnen kommen alljährlich nicht zurück in den Heimatschlag. Damit sind sie für keinen der rund 80.000 deutschen Brieftaubenzüchter auch nur einen müden Cent mehr wert.
Tierfreunde, die gefundene Brieftauben auf den Homepages der Züchter melden, erhalten üblicherweise keine Antwort und am Telefon hört man die Züchter sagen: "Überlassen sie das Tier sich selbst". Dahinter verbirgt sich eine Mentalität, die nur auf Erfolge und Hochleistung fixiert ist. Ein Zuchtziel ist die hohe Vermehrungsrate, um möglichst zügig Selektionen vornehmen zu können: das einzelne Tier zählt nichts. Die enormen Flugleistungen der Brieftauben erreicht man dadurch, dass man sie von ihren Partnern oder ihrem Nachwuchs trennt. Hier wird die starke Paarbindung der Tauben und der instinktive Wunsch schnell wieder beim Nest zu sein gnadenlos ausgenutzt, um die Tauben zu Höchstleistungen zu zwingen. Der starke innerliche Trieb zurückzukehren und ihr ausgeprägter Orientierungssinn erklären die hohen Flugleistungen der Brieftauben.
Durch sich wöchentlich steigernde Distanzen nehmen die Züchter eine brutale Selektion vor: rund 30 % Verluste werden einkalkuliert, bei den Jungvögeln sind es noch viel mehr. Die Tiere, die es nicht mehr in ihren Schlag zurück schaffen, gesellen sich zu den Tauben in den Innenstädten, denn als Schwarmtiere suchen sie ihresgleichen. Außerdem ist in den Städten das Nahrungsangebot am größten. Die überlebenden Tiere paaren sich dann mit den "einheimischen" Artgenossen. Nicht zuletzt aufgrund der züchterischen Selektion auf hohe Vermehrungsraten brüten die Tiere fast das ganze Jahr über. Und mit jeder einzelnen Paarung fließen die Gene der Hochleistungstauben in die Stadttaubenpopulationen ein.
Zugleich sind sie der lebende Spreu der in Massen gezüchteten Tiere, den die Züchter auf unverantwortliche Weise losgeworden sind. Doch diese Vorgehensweise ist nichts anderes als eine Tieraussetzung im Sinne des § 3 des Tierschutzgesetzes, die mit bis zu € 25.000 .- geahndet wird.
"100.000-fache Tieraussetzung, nur damit einige wenige, besonders leistungsfähige Tiere mehrere hundert Kilometer Flug in ihren Heimatschlag bewältigen, was dem Züchter Pokale und Preisgelder einbringt ?", fragt Gerhard Käfer, Vorsitzender des Landestierschutzverbands. "Solches Tun kann nicht länger geduldet werden".
Nach Meinung des Landestierschutzverbandes müssen zukünftig behördlich kontrollierte Nachweise über nicht zurück gekehrte Brieftauben erbracht werden. Die Züchter müssen für das Tierleid, dass sie in den Städten anrichten, wenigstens zur Kasse gebeten werden und zwar durch Zahlung von Abgaben für den bewusst in Kauf genommenen Tierverlust. Mittel der öffentlichen Hand für Taubenzuchtvereine sind völlig inakzeptabel.
Das langfristige Ziel des Tierschutzes kann dagegen nur in einem Verbot des Brieftaubensports über große Distanzen bestehen.
Karlsruhe, den 15. Juni 2005
http://www.landestierschutzverband-bw.de/html/juni05.htm